Hindenburgstraße

Hindenburgstraße
Ein Beitrag zur Umbenennung der Lüneburger Hindenburgstraße

Liebe Leserin! Lieber Leser!
„Historische, personengebundene Straßenund Gebäudenamen wollen zurecht an hervorragende Persönlichkeiten erinnern, ihre geschichtliche Bedeutung würdigen und auch auf ihr vorbildhaftes Wirken aufmerksam machen. Die Straßen- und Gebäudenamen werden sodann zumeist Teil einer politischen „Alltagskultur“, werden Begriffe, die durch den notwendigen Gebrauch in die Alltagssprache eingehen. Zugleich symbolisieren die Namen aber auch den „Zeitgeist“ ihres Benennungsdatums, sie stehen stellvertretend für die politischen Absichten ihrer Benenner.
Genauso verhält es sich auch mit der Be- und Umbenennung der Hindenburgstraße. Hindenburg – dieser Name stand für die Benenner im Rat der Stadt Lüneburg (ob Nazis im Jahre 1933 oder Rechtskonservative 1952) für den „Wegbereiter der nationalen Erhebung“ und den „Befreier des deutschen Ostens“… (für den) Geist des Militarismus und Krieges, des Revanchismus und des deutschen Faschismus …“
Diese Worte sind zu finden in einer Schrift unserer Vereinigung, in der wir unsere Forderung nach einer Umbenennung der Hindenburgstraße untermauerten – im Jahre 1987, also vor über einem Vierteljahrhundert. Diese Forderung fand im Rat der Stadt Lüneburg bis heute keine Mehrheit.

Der Hinweis auf den „Zeitgeist“ der jeweiligen Straßenumbenennung nach Hindenburg scheint uns aus mehreren Gründen wichtig, weil er die ungebrochene Kontinuität des autoritär- militaristischen Denkens innerhalb der Lüneburger Führungsriege erkennen lässt – von der Weimarer Republik bis weit in die bundesrepublikanischen Zeiten hinein. Es war die erste „Amtshandlung“ des Magistrats der Stadt Lüneburg nach den Märzwahlen 1933, die als symbolisch bedeutungsvollen, politischen Akt aus der Gartenstraße die Hindenburgstraße machte. Dass mit dieser Straßenumbenennung der Reichspräsident Hindenburg nicht etwa als ein „langjähriges demokratisches Staatsoberhaupt“ geehrt wurde, sondern ausschließlich in seiner Funktion als Wegbereiter des deutschen Faschismus, ist an der Begründung 1933 zu erkennen und daran, dass diese Namensgebung niemals zuvor im Rat der Stadt zur Debatte stand.
Nachdem 1947 nicht so sehr durch innere Einsicht, sondern mehr durch äußere Vorschrift (Anordnung der Alliierten) die Hindenburgstraße wieder ihren ursprünglichen Namen (Gartenstraße) erhielt, dauerte es nur lediglich fünf Jahre, bis 1952, als erstmals wieder eine rechtsbürgerliche Mehrheit im Rat der Stadt dominieren konnte und die erste „Amtshandlung“ dieser neuen Rechtskoalition machte deutlich, dass an die politische Symbolgebung des Jahres 1933 angeknüpft werden sollte. Es ist wohl bundesweit ein Novum, dass in einer Stadt ein und derselbe Straßenzug somit zum zweiten Male nach Hindenburg benannt wurde.
Mit dieser Schrift wird versucht, einen antifaschistischen Beitrag zur derzeitigen lokalpolitischen Debatte um die Umbenennung der Hindenburgstraße zu leisten. Wir verzichten darauf, nochmals das militärisch-politische Wirken des Namenspatrons zu beschreiben (das ist in der Literatur nachlesbar), sondern setzen an der lokalpolitischen Debatte an, wobei in zwei vertiefenden Exkursen das politische Umfeld des „Zeitgeistes“ der Jahre 1933 und 1952 in Lüneburg beschrieben wird.
Ein erstes Kapitel widmet sich der Diskussion um die Lüneburger Ehrenbürgerschaft Hindenburgs (auf die mehrfach von konservativer Seite positiv zur Begründung des Straßennamens hingewiesen wurde), ein von Mythen umranktes Feld lokaler Erinnerungspolitik.
In den weiteren Kapiteln folgteine Darstellung der Diskussionen um die jeweilige Umbenennung der Hindenburg-/Gartenstraße, wie sie jeweils im Rat der Stadt Lüneburg geführt wurde, eingeleitet mit einigen Wortenüber die politischen Mehrheitsverhältnisse im Stadtparlament.
Eine besondere Rolle bei der Meinungsbildung der Bevölkerung kommt sicherlich der lokalen Presse zu, in den Jahrzenten ab 1945 noch sehr viel stärker als heute. Aus diesem Grunde wurde die Lüneburger Landeszeitung darauf hin durchgesehen, welches Bild sie in den letzten Jahrzehnten von Hindenburg zeichnete und mit welchen Methoden sie einen Hindenburg- Mythos verbreitete. Das Ergebnis dieser Durchsicht wurde in einem weiteren Kapitel beschrieben.