„… irgendwo nicht weit von Moskau …“
Diese ungewöhnliche Antwort erhielt der 1945 geborene Gerd Meyer von seiner Mutter, als er sie nach dem Geburtsort seines ihm unbekannten Vaters fragte. Anatolij sei sein Vorname, er sei sowjetischer Kriegsgefangener gewesen und 1945 im Stalag X B Sandbostel gestorben. „Mehr gab meine Mutter nicht preis. Das Thema war in der Familie tabu.“
Verschiedene Versuche, Näheres über seinen Vater zu erfahren, scheiterten. Eine bewegende Begegnung während seiner ersten Russlandreise im Jahre 2002 gab ihm Motivation und Hoffnung, seine Suche erneut aufzunehmen, zumal diese durch die Öffnung mancher Archive erfolgversprechender erschien. Doch auch in den darauffolgenden Jahren blieben alle seine Anfragen bei den Archiven und Gedenkstätten ergebnislos. („Sie wissen einfach zu wenig über Ihren Vater.“)
Im Jahre 2009 entdeckte Meyer bei einem Besuch der Stiftung Sächsische Gedenkstätten in Dresden schließlich anhand einer winzigen handschriftlichen Notiz auf einer Karteikarte die Daten seines Vaters und erfuhr nun, dass dieser schon 1941 in deutsche Kriegsge-fangenschaft geraten war und über die Lager Wietzendorf (Stalag X D) und Sandbostel (Stalag X B) schließlich in einem Arbeitskommando auf den Bauernhof kam, auf dem er seine Mutter kennenlernte.